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Nicht nur Volten und Zirkel, sondern Pädagogik & Reiterspiele
stehen auf dem Lehrplan:

Deutschlandweites Pilotprojekt
„Jugendtrainer im Reitsport“ (FN/EWU)
erfolgreich gestartet
 

Lichtenstein (Landkreis Reutlingen), Warendorf: Die Premiere war gelungen: Das Pilotprojekt „Jugendtrainer im Reitsport“ wurde im Rahmen eines vierteiligen Lehrganges erstmalig durchgeführt. Elf bisherige Trainer C (Fachübungsleiter Westernreiten) bestanden im April dieses Jahres nach zehn intensiven Lehrgangstagen die in Anlehnung an die Ausbildungsprüfungsordnung (APO §3400) der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) durchgeführte Prüfung. Die Prüflinge können sich nun „Trainer B Westernreiten Jugend“ nennen.

Während es die Ausbildung zum Jugendtrainer in anderen Sportarten bereits seit vielen Jahren gibt, ist dieses Pilotprojekt im gesamten Reitsportbereich bisher einmalig. Es ist sowohl von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V., der FN in Warendorf, als auch ihrem Anschlussverband, der Ersten Westernreiterunion Deutschlands e.V., der EWU, als Pilotprojekt anerkannt. Die Idee sowie der ausgearbeitete Lehrplan stammt von Susanne Haug, Sport- und Sonderpädagogin , Systemtherapeutin und Richterin verschiedener Westernreitverbände, sowie Renate Trojahn, Diplom- Pädagogin und selbst aktive Westernreiterin. Die beiden aus dem Landkreis Reutlingen stammenden Expertinnen leiteten dann auch alle vier Lehrgangsteile. Externe Referenten wurden für Spezialthemen wie Rechtsfragen (RA Dr. Roller, Metzingen) sowie das Bewegungsgefühl des Reiters (Professor Meyners, Lüneburg) hinzugezogen.

„Viele Kinder und Jugendliche wollen Reiten lernen. Doch nach anfänglicher Euphorie lässt die Motivation mehr als bei anderen Sportarten nach“ analysiert Susanne Haug die Problematik im Reitsport und erläutert ihre Vorstellung für diesen Lehrgang: „Wir wollen diesen Ausbildungsgang speziell für Trainer von Kindern und Jugendlichen entwickeln. Lehrgangsziel ist es, die Trainer so zu schulen, dass es ihnen zukünftig besser gelingt, Kinder und Jugendlichen dauerhaft für den Reitsport zu begeistern.“ Auch die FN hat sich mit dieser Problematik bereits befasst. Eine Sportwissenschaftlerin der Universität Kassel wurde beauftragt zu erforschen, warum es beispielsweise weniger Jungen im Reitsport gibt und warum die meisten Jugendlichen im Pubertätsalter das Reiten wieder aufgeben. Der Bedarf nach speziell ausgebildeten Trainern ist also auch im Reitsport gross. Verbände und Vereine können sich darauf einstellen, dass der Bedarf an Trainern steigen wird, die nicht nur reittechnische Fachkompetenz besitzen, sondern auch das notwendige pädagogische Geschick, Kinder und Jugendliche entwicklungsspezifisch zu fördern.

Die insgesamt 4 x 2,5 Tage verbrachten die Teilnehmer damit, in Kleingruppenarbeit, Kurzreferaten, praktischen Übungen, Rollenspielen und Videoanalysen das Handwerkszeug für einen kinder- und jugendgerechten Unterricht zu erlernen. Eigene Ansätze wurden gefunden und ausprobiert. Dazu durfte auch mit selbst ausgedachten Reiterspielen oder dem Einsatz von Musik experimentiert werden. „Kinder- und Jugendliche – übrigens genauso wie Erwachsene – lernen viel besser, wenn der Unterricht abwechslungsreich ist, Spass macht und eine entspannte, partnerschaftliche Atmosphäre herrscht“, bestätigten Lehrgangsteilnehmer aus eigener Erfahrung. Die Theorieeinheiten fanden im Diakonischen Institut für Soziale Berufe in Lichtenstein-Traifelberg statt. Die praktischen Unterrichtseinheiten mit Videoaufnahmen wurden im Reitzentrum Sonnenalb in Sonnenbühl-Undingen (beides im Landkreis Reutlingen) durchgeführt. Dort konnten 6 Jugendliche mit geeigneten Lehrpferden unterrichtet werden. Es stand eine grosse 20 x 60 Meter Halle zu Lehr- und Prüfungszwecken zur Verfügung.

Ganz bewusst wurde bei diesem Lehrgang auf einen Frontalunterricht seitens der Lehrgangsleiterinnen verzichtet. Dafür wurden moderne, erfahrungsorientierte Unterrichtsmethoden eingesetzt. Damit sollte auch gezeigt werden, wie Unterricht anders als gewohnt verlaufen kann. Der Lerneffekt ist dadurch bei Erwachsenen wie bei Kindern und Jugendlichen grösser. „Der Mensch lernt hauptsächlich durch Erfahrung und Erspüren, nicht durch Anweisungen und Befehle“, waren sich die beiden Lehrgangsleiterinnen zusammen mit Professor Eckart Meyners (Universität Lüneburg) einig. Professor Meyners stand selbst als Referent zur Verfügung und war Mitglied der Prüfungskommission. Er stellte in seinem Vortrag (samt praktischer Übungen) wissenschaftliche Erkenntnisse lernpsychologischer Untersuchungen vor. Ausserdem erläuterte er deren positive Anwendung in einem stärker erfahrungsorientierte, statt – wie leider auch heute noch häufig anzutreffenden – anweisungsorientierten, Reitunterricht („Kasernenton“).

Neben Professor Meyners, der auf Empfehlung der FN als Prüfer zur Verfügung stand, waren Sonja Bechmann, 1. Vizepräsidentin der EWU Deutschlands e.V. zuständig für den Bereich Ausbildung, sowie Susanne Haug Mitglied der Prüfungskommission. Beratend stand Renate Trojahn zur Seite. Die Prüfung selbst bestand zum einen aus einer detailliert ausgearbeiteten, schriftlichen Lehrprobe einer Reitstunde für Jugendliche (ca. 10-30 Seiten). Diese beinhaltete die entwicklungspsychologische Phase und den Ausbildungsstand der jugendlichen Reiter, sowie den Ausbildungsstand der Pferde. Desweiteren war die Definition des reittechnischen, motorischen, kognitiven, sozialen und emotionalen Zieles ein wichtiger Bestandteil der schriftlichen Lehrprobe. Der Hauptteil beinhaltete die eigentliche Unterrichtsverlaufsplanung mit Übungen, Teilzielen, Organisationsformen, Medieneinsatz (Pylone, Fahnen), Differenzierungsmöglichkeiten (leichter-schwerer), sowie methodisch-didaktische und gruppenpädagogische Hinweise. In der praktischen Lehrprobe musste der Prüfling seine Fertigkeiten beim Unterrichten von drei Jugendlichen zeigen. Dabei wurde neben den fachlichen Aspekten in bezug auf die Ausbildung von Pferd und Reiter vor allem auf die der Altersgruppe der Jugendlichen angemessenen, pädagogischen Fertigkeiten des Trainers Wert gelegt. Anschliessend musste sich der Prüfling den mündlichen Fragen der Prüfungskommission zu seiner Unterrichtslehrprobe, zu kinder- und jugendspezifischem Unterricht im Allgemeinen, sowie zur Ausbildungslehre von Reiter und Pferd stellen.

Den Prüflingen wurde trotz der Tatsache, dass es sich um ein Pilotprojekt handelte, an der Prüfung nichts geschenkt. Trotz sehr guter Prüfungsvorbereitungen erreichten zwei Teilnehmer die Prüfungssziele in der praktischen Lehrprobe nicht. Insgesamt war die Prüfungskommission aber sehr mit den Leistungen zufrieden. „Das Niveau einzelner schriftlicher Lehrproben übertraf alles, was ich bisher bei Trainer B Prüfungen als Richterin gelesen habe“ meinte Susanne Haug in der abschliessenden Besprechung, und Professor Meyners fügte hinzu: „Einige Arbeiten waren besser, als man dies nach vielen Semestern Pädagogik an einer Universität antrifft. Auch die Qualität des Lehrstoffes und der pädagogischen Schwerpunkte in der praktischen Unterrichtserteilung ist überragend. Davon könnte man sich in Warendorf >>eine Scheibe abschneiden<<. Ein Lob an die Dozenten und die Lehrgangsteilnehmer!“

Bleibt zu hoffen, dass der insgesamt erfolgreich verlaufene Lehrgang eine Fortsetzung findet. Bei anhaltendem Interesse seitens der Trainer und Verbände ist bereits angedacht, im kommenden Jahr einen weiteren Jugendtrainerkurs (dann in Norddeutschland) anzubieten. Dieser Pilotlehrgang jedenfalls hat den Trainern nun Wissen, neue Ideen und Werkzeuge für den Unterricht mit Kindern und Jugendlichen an die Hand gegeben und bietet die besten Voraussetzungen dafür, dass junge Nachwuchsreiter zukünftig davon profitieren können.

Kursinhalte des Trainer B Kurses Westernreiten Jugend:
- Selbstreflexion Rolle des Reitlehrers / des Reitschülers
- Positiv-/Negativbeispiele aus eigener Erfahrung
- Erkennen und Einsetzen der eigenen Stärken als Trainer, Wirkung & Verhalten als Trainer, Methodische Kriterien für Hinweise & Korrekturen durch den Trainer [H.-M. Haug]
- Einführung in die Entwicklungspsychologie von Kindern und Jugendlichen
- Einführung in die Gruppenpädagogik & -psychologie, Bedeutung der Gruppe für Kinder/Jugendliche
- Einführung in die Gruppendynamik
- Rollenverhalten
- Einführung in die Kommunikationstheorie & -psychologie
- Partnerzentrierte Gesprächsführung und deren Umsetzung im Reitunterricht
- Umgang mit Kommunikationsstörungen
- Förderung der Motivation im Reitunterricht
- Vorstellung verschiedener Unterrichtsstile und deren Anwendung
- Komplexität von Haltung und Bewegung sowie die Konsequenzen daraus für den Reitunterricht (Erfahrungsorientierter Unterrichtsstil, Gymnastik/Übungen) [Prof. Meyners, H.-M. Haug]
- Umgang mit Lernblockaden bei Reitschülern
- Beispielsequenzen zu schwierigen Unterrichtssituationen, Konflikten etc. und Erarbeitung von Lösungsansätzen
- Methoden und Ansätze zur Stressbewältigung
- Erstellung einer Unterrichtsverlaufsplanung mit Schwerpunkt Kinder-/Jugendunterricht
- Praktische Reitunterrichtseinheiten mit Jugendlichen
- Videoaufnahmen des Reitunterrichts und anschliessende Analyse/Reflexion
- Haftungsrechtliche Aspekte bei der Unterrichtserteilung von Kindern und Jugendlichen sowie Überblick über die Tierhalter- und Tierhüterhaftung [RA Dr. Roller]

Die Prüfung bestanden und zum „Trainer B Westernreiten Jugend“ wurden ernannt:
Baßler, Silvia (Efringen-Kirchen, Baden-Württemberg)
Braun, Ilona  (Frankreich)
Brandes, Caren (Balve, Hannover)
Hasler, Sandra (Schweiz)
Holl, Andreas (Stadecken, Rheinland-Pfalz)
Jakob, Nicole (Kelkheim, Baden-Württemberg)
Klemer, Andrea (Metzingen, Baden-Württemberg)
Linnemann, Jutta (Ohmden, Baden-Württemberg)
Salat, Anna-Maria (Buttenheim, Bayern)
Schanz, Susan (Sonnenbühl, Baden-Württemberg)
Schuck, Susanne (Dösingen, Bayern )

Stimmen von Teilnehmern:
„Den Jugendtrainerkurs fand ich aus mehreren Gründen toll: Die Unterkunft auf dem Traifelberg war erstklassig, ein Haus in dem man sich wohl fühlt. In
dieser Atmosphäre, zusammen mit der sehr guten Unterrichtsgestaltung von Susanne Haug und Renate Trojahn wurde der anstrengende und komplizierte Unterrichtsstoff nie langweilig. Das Themenfeld Gruppenpädagogik, Umgang mit Lernblockaden und vor allem die praktische Unterrichtsgestaltung und Auswertung anhand von Videos, war für mich am interessantesten. Beim theoretischen Teil fand ich es klasse, daß es so abwechslungsreich war. Vorträge (Hr. Roller, Hr. Meyners), Rollenspiele, Gruppenarbeit und Entspannungsübungen kamen immer genau dann, wenn der Kopf wieder ziemlich vollgepaukt war. Und durch diese Arbeiten wuchsen schließlich auch die vielen unterschiedlichen Teilnehmer zu einer netten Gruppe zusammen. So hat’s einfach Spaß gemacht, ich freue mich schon auf eine Weiterbildung!“
(Silvia Bassler aus Efringen-Kirchen, Profitrainerin mit Schwerpunkt Kinder und Jugendliche)

„Endlich mal eine Fortbildung, mit der man wirklich ganz praktisch etwas für den Unterricht anfangen kann. Die Rückmeldungen meiner jungen Reitschüler zu hause auf meinen veränderten Unterrichtsstil waren überwiegend positiv: Mein Unterricht sei nun viel differenzierter, d.h. ich nähme wesentlich mehr Rücksicht auf unterschiedliche Interessen der Kinder und Jugendlichen; die einen wollen Turniere reiten und dafür trainieren, die anderen haben ganz andere Ziele und sind „Feld-Wald-Wiesenreiter“. Ich schaffe es nun viel besser, jedem Kind individuell gerecht zu werden. Gleichzeitig habe ich gelernt, wie wichtig es ist, dass der Unterricht auch Spass machen muss.“
(Susan Schanz aus Sonnenbühl, Profitrainerin mit Schwerpunkt Nachwuchsförderung, Vorstandsbeisitzerin Jugendarbeit im EWU-Landesverband)

„Ich habe eine Fülle neuer Ideen und Methoden kennen gelernt, wie Unterricht interessanter und altersgerechter gestaltet werden kann. Hier konnten wir endlich mal ganz grundlegende, wichtige Dinge zur Pädagogik und Wissensvermittlung lernen. Vieles von dem, was ich hier gelernt habe, kann ich auch im Unterricht mit Erwachsene einsetzen. Meine Reitschüler beziehe ich nun viel aktiver in die Unterrichtsgestaltung mit ein. Verblüfft war ich zu sehen, wie z.B. auch ein pädagogisch sinnvoll ausgewähltes Reiterspiel seinen Platz im normalen Reitunterricht haben kann. Meine Vorstandsarbeit kann ich mit dem neugewonnenen Wissen ganz anders ausfüllen. Auch der Vortrag des Rechtsanwalts zu Haftungsfragen im Reitsport und zur (unbedingten) Reithelmpflicht für Kinder/ Jugendliche war klasse.“
(Andrea Klemer aus Metzingen, Profitrainerin mit Schwerpunkt Ausbildung & Turnierförderung, Vorstandsbeisitzerin Jugendarbeit im EWU-Landesverband)

Weitere Informationen zu obigem Pilotprojekt erteilen:
Susanne Haug, Tel. 07122/481
Renate Trojahn, Tel. 07129/5510

[Erschienen in der EWU News 06/2001 S. 4 ff.]